Die Nachtwanderung durch die Ardèche-Schlucht
Die abenteuerlichste Tour während unseres Zeltlagers ist gewiss die Nachtwanderung durch die Ardèche-Schlucht. Kurz vor Sonnenuntergang werden die Teilnehmenden mit unseren Kleinbussen in die Garrigue, dem fast undurchdringlichen Buschwald der Provence, gefahren. Sobald wir am Einstieg der Loubyschlucht angekommen sind und die Fahrzeugtüren geöffnet werden, strömt direkt ein betörender Duft von wilden Kräutern und Lavendel in unsere Nasen.
Letztmalig wird die Ausrüstung der Nachtwanderer kontrolliert. Dann gibt es die ausführlichen Verhaltensregeln. Die Tour findet selbstverständlich ohne Taschenlampen statt.
Im Gänsemarsch steigen wir in die Loubyschlucht ein. Sie ist ein Seitencanyon der Ardèche-Schlucht. Anfangs ist der Pfad recht einfach zu begehen, aber gut aufpassen muss man trotzdem. Überall liegen Steine und Felsbrocken im Weg, spinnenbehangene Äste des „Zauberwaldes“ erschweren ein Durchkommen. Dann wird es lichter und die Kletterei beginnt. Das helle Licht des unbeschreiblich schönen Sternenhimmels hilft uns, die Orientierung nicht zu verlieren. Was für ein Abenteuer!
Unten angekommen, gibt es erstmal ein paar über zwei Meter Felsauswaschungen zu bestaunen, die das Wasser in tausenden von Jahren in den Kalkstein geschliffen hat. Jetzt sind es nur noch knapp einhundert Meter, bis wir eine in den senkrecht abfallenden Felsen eingelassene Leiter aus Stahl erreichen und über diese in die Ardèche-Schlucht hinabsteigen.
Auf einem großen Felsplateau wird dann die erste große Pause gemacht. Die Kinder liegen auf den von der Sonne erwärmten immer noch heißen Felsen, blicken andächtig in den faszinierenden Sternenhimmel und lauschen den Ausführungen des Tourenleiters. Hier werden den Heranwachsenden Geschichten über unsere Galaxis, das Universum, unsere Vorfahren und andere wissenswerte Dinge vermittelt.
Weiter geht es flussabwärts durch die Ardèche-Schlucht. Vorsichtig hintereinandergehend, über Felsen kletternd, immer den Geruch der provenzalischen Kräuter in der Nase und dem lauten Gequake der Frösche geht es langsam linksseitig des Flusses weiter.
Die nächste große Pause ist an der letzten Biegung der Ardèche, ungefähr zwei Kilometer vor dem Ausgang der Schlucht. Dort gibt es einen kleinen Sandstrand, der von den Kindern vor vielen Jahren „Checker-Bunny-Strand“ getauft wurde. Hier ist die Fließgeschwindigkeit des Flusses sehr gering und die Tiefe des Wassers vollkommen ausreichend, um auch hier von den Klippen zu springen. Wie Balu der Bär aus dem Dschungelbuch kann man hier auf dem Rücken in dem gemächlich dahinfließenden Wasser liegend die vielen langschweifigen Sternschnuppen bewundern. Nach der großen Schwimmpause werden die Köstlichkeiten aus den Rucksäcken geholt, die uns vorher in der Zeltlagerküche gerichtet wurden.
Auch das schönste und leckerste Mitternachtsmahl geht irgendwann zu Ende. Satt, zufrieden und auch schon ein wenig müde geht es weiter. Auf dem nächsten Felsplateau wartet wieder ein Abenteuer auf die Nachtwanderer. Hier ist eine Höhle, wie sie zuhauf in den Kalksteinfelsen zu finden sind. Mit den Lampen an den Mobiltelefonen wird die stockdunkle Grotte erkundet, die im weiteren Verlauf immer enger wird.
Nach diesem Erlebnis liegen nur noch zwei Kilometer vor uns bis zu den in Sauze wartenden Kleinbussen. Wir können schon das Felsendorf Aiguèze erblicken. Im fahlen Mondlicht sieht das Dorf besonders gespenstisch aus. Trotzdem können die Kinder nach dieser Abenteuertour tief, fest und traumlos schlafen.